Eine kurze Geschichte der Bürgerbeteiligung

Unsere Sicht auf die Bürgerbeteiligung zum Artikel „Anregungen berücksichtigt – Stadt verweist auf Beteiligung der Bürger im Planungsprozess“ in der Allgemeinen Zeitung vom 20.04.2013.

28.06.2011, Bauausschusssitzung, Tagesordnungspunkt Ö3:

Der Vorsitzende begrüßt die zahlreich erschienenen Anlieger und teilt mit, dass die Maßnahme frühestens im Jahr 2013 durchgeführt wird, da vorgesehen ist, für die Ausbaubereiche Waldstraße Zuwendungen durch das Land im Rahmen der I-Stock-Förderung zu beantragen.

Zu diesem Tagesordnungspunkt erscheint der beauftragte Ingenieur Herr Klabautschke vom Ingenieurbüro Klabautschke, Boppard. Mittels einer Präsentation unterrichtet er die Anwesenden über das Entwurfskonzept mit verschiedenen Varianten. Der Vorsitzende stellt nochmals klar, dass heute noch keine Beschlussfassung über Art und Umfang des Ausbaues erfolgt.

18.10.2011, Bauausschusssitzung, Tagesordnungspunkt Ö4:

Der Bauausschuss beschließt, die Stützmauer als gestaffelte Gabionenwand herzustellen.

07.01.2013, Bürgergespräch mit den Anliegern der östlichen Rupertusstraße:

Im Aktenvermerk wurde u. a. festgehalten:

  • Die gewählte Gestaltung der Hangsicherung wird als unvereinbar mit den denkmalpflegerischen Belangen betrachtet.
  • Durch die Errichtung der Gabionenstützwand zur Waldstraße hin fühlen die Anwohner sich erheblich beeinträchtigt.
  • Der vorgestellte Ausbauquerschnitt (Fahrbahn 4,75 m) in Verbindung mit der Form der gewählten Form der Hangsicherung stellt eine Verbreiterung der Waldstraße zu Lasten der Rupertusstraße dar.
  • Die Einbindung der Bürgerschaft zum jetzigen Zeitpunkt (nach Beschlussfassung in den städtischen Gremien) wird für unzureichend und viel zu spät gehalten. Die Vorgehensweise der Verwaltung, derartige Bauprojekte alleine den Gremien zur Entscheidung vorzulegen ohne die Bürgerschaft gezielt z.B. durch ein persönliches Informationsschreiben auf die anstehende Baumaßnahme hinzuweisen wird als unzureichend und nicht transparent betrachtet.

29.01.2013, Bauausschusssitzung, Tagesordnungspunkt Ö3:

Der Vorsitzende berichtet, dass entsprechend dem Beschluss des Bauausschusses mit den Anliegern der östlichen Rupertusstraße der Ausbau dieses Straßenabschnittes erörtert wurde. Die Ergebnisse dieser Erörterung sind in der heutigen Sitzung zu beraten. Die Zielvorstellungen der Anlieger sind der Sitzungsvorlage zu entnehmen.

Herr Klabautschke erläutert zur Böschungssicherung den derzeitigen Stand der Beschlussfassung des Bauausschusses und die dem Bauausschuss vorgestellte Alternativvariante. Weiterhin stellt er die Beschlussvariante ergänzt um die Anforderungen der Denkmalpflege vor. Diese fordert anstelle einer Gabionenwand die Mauerausführung in Naturstein oder alternativ mit Natursteinvorsatz.

Mit dem Vorschlag des Vorsitzenden, erst nach erfolgter Beteiligung der Anlieger der Waldstraße die vorgeschlagenen Alternativen weiter zu beraten, erklären sich die Mitglieder des Bauausschusses einverstanden.

06.03.2013, Bürgerversammlung zum Ausbau der Wald- und Frankenstraße

Die Ratsmitglieder der Stadt Bingen wurden zu einer Bürgerversammlung eingeladen.

Die Anlieger der Wald- und Frankenstraße wurden zur aktuellen Ausbauplanung sowie deren beabsichtigten Vollzug in sachlicher und zeitlicher Hinsicht einschließlich der beitragsrechtlichen Folgen eingeladen.

Die Anlieger der östlichen Rupertusstraße wurden nicht eingeladen!

Auf dieser Bürgerversammlung wurden drei Varianten zur Böschungssicherung vorgestellt, unter anderem die Variante 3 „Schöne grüne Böschung“ für die Bürger der östlichen Rupertusstraße.

16.04.2013, Bauausschusssitzung, Tagesordnungspunkt Ö3:

Der Bauausschuss beschließt:
1) Die Waldstraße entsprechend der bisherigen Beschlusslage mit einer Ausbaubreite der Fahrbahn von 4,75 m (Begegnungsverkehr PKW-PKW) sowie der Anordnung eines einseitigen Parkstreifens im Bereich der unteren/nördlichen Waldstraße auszubauen.

4) Die Ausführung der Böschungssicherung zwischen Wald- und Rupertusstraße erfolgt entsprechend der vorgestellten Variante 3.

Selbstverständlich ist es zur Berücksichtigung der Belange des Gemeinwohls erforderlich das Ganze im Blick zu haben.
Dabei gleichzeitig auf die Details zur Sache zu fokussieren, stellt die Herausforderung für die gewählten Volksvertreter in den Gremien dar. – Selten ein leichtes Ehrenamt!

Bei allen Anstrengungen im Sinne des Gemeinwohls abzuwägen, darf bei der Art und Weise des Umgangs mit den Bürgern kein Kompromiss eingegangen werden. Denn jeder einzelne Bürger der Stadt Bingen ist auch ein elementarer Bestandteil unserer repräsentativen Demokratie!

Unsere Fragen

  • Worin genau kommt die Beteiligung der Bürger (Anlieger der Rupertusstraße) zum Ausdruck?
  • Welche Anregungen der Bürger wurden von der Stadt Bingen berücksichtigt?
  • Welcher Kompromiss wurde mit wem geschlossen?
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Ein Kommentar zu Eine kurze Geschichte der Bürgerbeteiligung

  1. Roswitha Basting-Göttelmann sagt:

    Kein Kompromiss beim Ausbau
    Allgemeine Zeitung vom 18. April 2013

    Auch wenn ich nicht mehr in Bingen wohne, bin ich im doppelten Sinne betroffen.
    Mein Dank geht an die AZ-Redaktion für die Veröffentlichung der Fotoanimation der Bürgerinitiative Bäume-Stadt-Steine. Gibt es doch der breiten Öffentlichkeit nun doch noch ein Bild an die Hand, um zu sehen, wie es zukünftig in ihrer Stadt aussehen soll.

    Leider lehnten die Fraktionsmitglieder von CDU, FWG und FDP in der Bauausschusssitzung auf Empfehlung von Bürgermeister Mönch es ab, sich die Bilder der Power-Point-Präsentation anzusehen. Diese Ausschussmitglieder handelten für mich nach dem Motto: „Augen zu und durch und das mit dem Kopf im Sand“.

    Selbst wenn sich die „Kooperationsfraktionen“ im Vorfeld mit dem Thema auseinandergesetzt haben sollten, kam in der Diskussion nur billige Polemik zum Tragen, die von wenig bis keinem Sachverstand geprägt war. Es war nur peinlich.

    Von ehrenamtlich tätigen Bauausschussmitgliedern muss und kann ich nicht erwarten, dass sie zu allen Themen Sachkenntnisse mitbringen. Aber erwarten kann man, dass die gewählten KommunalpolitikerInnen zumindest den Versuch machen, mit offenen Augen und Ohren zuzusehen und zu hören, unvoreingenommen und sachorientiert zu diskutieren, abzuwägen, um abstimmen zu können. Und nicht, in vorauseilendem Gehorsam und obrigkeitshörig gegenüber der Verwaltung und dem Fraktionsvorsitz, nach dem Motto „die werden es schon richtig machen“, handeln.
    Denn Kommunalpolitik, liebe StadtratsmitgliederInnen, hat nicht viel mit Politik zu tun, aber sehr viel mit Kommune.

    In diesem Sinne kann ich nur hoffen, dass die Bürgerwünsche wenigstens im Stadtrat Gehör finden und die Anekdote von Anno 1816 als der Kaiser von Österreich in Bingen weilte und gegenüber dem Notar Faber feststellte: ”Schön und herrlich ist die Gegend, aber welcher Geist herrscht unter dem Volke?” Der Kaiser wollte wissen, ob die Binger vom Freiheitsgeist angesteckt oder mehr monarchisch gesinnt seien. Faber war sehr verlegen und antwortete:

    „Ew. Majestät halten zu Gnaden, wenn ich bescheiden erwiedere, dass in Bingen gar kein Geist herrscht oder vielmehr, es herrscht da nur der – Weingeist.“

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